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Ich dreh gleich durch!

Oder: Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung

ADHS eine Abkürzung für etwas, was lange Zeit nicht benannt werden konnte.

AD(H)S bedeutet Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts)-Störung. Warum die Hyperaktivität in Klammern steht? Weil es auch eine Form dieser KRANKHEIT gibt, die rein aus Unkonzentration besteht ohne wie ein Wirbelwind druch die Gegend zu fliegen.

Ja es ist ein Krankheit, eine die wie andere psychische Krankheiten erst vor wenigen Jahren entdeckt und belegt wurde und über die die Gesellschaft nun spricht. Früher als Irre oder Bekloppte abgestempelt, bekommt heute jede Eigenheit außer der Norm einen Namen. Aber was ist denn die Norm?

In dem Buch "Ich dreh gleich durch"* von Anna Maria Sanders geht es um einen Jungen mit dieser Störung. In einer Tagebuchform wird aus den verschiedenen Perspektiven der Umgang mit dieser Krankheit berichtet und wie die unterschiedlichen Personen die Situationen wahrnehmen.

Max ist 11 Jahre alt und anders wie die anderen Kinder in seinem Alter. In der Schule kommt er nicht mit, kann nicht still sitzen, ist geistig abwesend und baut einen Klops nach dem anderen - ungewollt. In dem Buch erfährt man, dass die Eltern bisher nur vermuten, dass Max ADHS hat. Sie lesen sich in Fachliteratur ein, aus der des Öftern zitiert wird. Im Vergleich mit dem Gelesenen zu Max stellen die Eltern fest, dass es sich bei Max' Verhalten durchaus um ADHS handeln könnte. Auch Lehrer bekommen ihre Tagebucheinträge und berichten, wie sie Max in der Schule erleben. Dieser begibt sich auch dort häufig in brenzliche Situationen.

Sein ausgeprägtes Herlfersyndrom, seine Tierliebe und sein hohes Maß an Gerechtigkeit verleiten ihn oft zu Handlungen, die zwar gut gemeint sind, aber durch den Jungen nicht so ausgeführt werden können. So passiert es, dass er sich Verletzungen zuzieht, in eine Schulhofprügelei gerät oder von den Erwachsenen Rügen erhält, weil er wieder mal das Geld für die Klassenfahrt nicht dabei hat.

Was die anderen aber dann nicht wissen ist, dass er sein Geld anderen Kindern geliehen hat, damit diese keinen Ärger bekommen, weil sie es vergessen haben oder er nur seine Fäuste schwingen ließ, um seinen Freund zu beschützen, der von einem älteren Mitschüler niedergemacht wurde.

Eine besonders rührende Geschichte ist zum Beispiel als die Familie in den Skiurlaub will und mehrere Stunden zu spät kommt, weil sie mehrmals zurückfahren mussten, nicht zu letzt, weil Max seinen geliebten Kater ins Auto geschmuggelt hat, weil er diesen mit einer verletzten Pfote nicht daheim lassen wollte.

 

Besondern gut finde ich, wie die Eltern versuchen mit ihrem Kind umzugehen. Während der Vater sich eher raushält und seine Frau untersützt, ist die Mutter die "gestrenge Lehrerin mit Herz." Während der Berichte der Mutter kommt man der Vermutung nahe, dass die Mutter selbst als Kind an einer Form von ADHS litt, diese aber damals weder erkannt noch behandelt wurde. Diese Krankheit kann definitiv vererbbar sein und im Erwachsenenalter vergehen. Durch ein genaues Reglement und das Zulassen von Diskussionen sowie ein hohes Maß an Geborgenheit bringt sie Max das Verständis gegenüber, welches der Junge dringend benötigt.

Es ist zwischenzeitlich sehr traurig zu lesen, wenn Max selbst über seine Situation schreibt, gerade wenn es eine ist, die von mehreren Leuten gleichzeitig bespiegelt wird.

Ihm ist sehr deutlich, dass er anders ist, hält sich für einen Idiot und Versager. Er wünscht sich selbst so sehr NORMAL zu sein, ihm ist jedoch unerklärlich, wie er das nur schaffen soll.

 

Meine Meinung:

Das Buch, vorallem die Form des Buches, ist sehr gut zu lesen und leicht verständlich. Dies ist auch wichtig, da es sich sehr wohl um ein ernstes Thema handelt. Dennoch gibt es viele Stellen, an denen man Schmunzeln muss. Besonders gut ist, dass verschiedene Vermutungen durch Zitate aus Fachlektüre untermalt sind. Die Quellenangaben am Ende des Buches geben dem Leser die Möglichkeit sich näher mit derartiger Literatur zu befassen. Was mir nicht so gut gefällt ist, dass sehr oft der Satz: "Diese kleine Ratte." fällt und wenn von Max die Rede ist. Sicherlich nicht so bös' gemeint, aber ich finde es nicht schön, einen Jungen so zu nennen.

Alles in allem ein sehr gutes und dennoch lehrreiches Buch, was jeder Mal gelesen haben sollte. Und sei es nur, um seinen Horizont für ein Thema zu erweitern, mit dem man bisher nichts zu tun hatte. Auch mir hat es geholfen, manche Kinder oder deren Betragen anders zu sehen. Vorurteile sind vielleicht nicht ganz dadurch verschwunden aber immerhin hinterfragt.

 

Quelle: Ich dreh gleich druch, Anna Maria Sanders, Gütersloher Verlagshaus, 18,99 €, ISBN: 978-3-579086330)

*Das Buch wurde mir freundlicherweise von Randomhouse zur Rezension zur Verfügung gestellt.

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